
Fibromyalgie – wie fing es an? Eine persönliche Geschichte.
Fibromyalgie oder „Weichteilrheuma“ – die Diagnose habe ich 2021 erhalten. Ich hatte Glück, ich bekam sie relativ schnell, nach „nur“ ca. anderthalb Jahren Arzt-Odyssee. Ich war damals 36. Aber wie fing es eigentlich an? Was waren die ersten Anzeichen und wie hat sich alles entwickelt?
Inhaltsverzeichnis
Der unmittelbare Beginn
Für mich fühlt es sich so an, als sei die Fibromyalgie aus einem Burnout entstanden. Ich stürzte tief in die Erschöpfung und Erschöpfungsdepression – und kam nie wieder wirklich heraus. Als sei die Fibro wie die Erstarrung des schlechten Zustands von damals – der Erschöpfung, des Schmerzes, der psychosomatischen Beschwerden, des schlechten Schlafs und von Empfindlichkeit, inneren Nervosität und Verspannung. Nur mit einem verschobenen Fokus: Der Schmerz, der Körper haben sich in den Vordergrund gedrängt.
Genauso gut könnte man aber auch ganz andere Dinge in meinem Leben als Auslöser sehen.
Ein Burnout
Aber vielleicht der Reihe nach. 2019 wurde ich krankgeschrieben, nach einem Umzug nach Frankreich und 14 Monaten Arbeit in einer wirklich sehr chaotischen Kita. Alle litten an diesem Ort, aber ich war auch noch Quereinsteigerin, also ohne Orientierung in dem ganzen Schlamassel, und hatte weder Freunde noch Familie um mich. Außerdem war ich extrem motiviert und idealistisch.
Der ganze Job war eine emotionale Achterbahnfahrt. Unsicherheit und Angst begleiteten mich ständig; denn man wusste nie, was einen erwartet. Oft waren wir unter- , manchmal aber auch komplett überbesetzt. Mal sollte ich hier arbeiten, mal dort, mal Teil dieser Gruppe sein, dann jener. Wenn man hinfuhr, wusste man nie, was einen erwartet. Meistens irgendein Chaos. Hoffnungen wurden geweckt, und dann wieder aufs völlig zerstört.
Eines Tages saß ich dann mit extremen Kieferverspannungen vor meiner Hausärztin. Ich war in solch einer emotionalen Instabilität, dass ich sofort losheulte, als sie mich fragte, wie es mir geht. Sie schrieb mich krank. Was ich dann auch erstmal blieb. Die ganzen anderthalb Jahre, die so eine Krankschreibung maximal geht.
Ich wurde diagnostiziert mit „Erschöpfungsdepression“ und kämpfte mit extremen Nackenverspannungen, Kieferschmerzen, einem „Kopf im Schraubstock“, Magenschmerzen und Appetitlosigkeit sowie mit innerer Unruhe, Anspannung und natürlich Depression und Erschöpfung.
Scheinbar die Erholung vom Burnout
Ich unternahm ich viel, um wieder auf die Beine zu kommen. Psychotherapie, Spaziergänge in der Natur, Malen, Gärtnern auf dem Balkon. Atem- und Entspannungsübungen. Und langsam ging es mir besser. Fast fühlte ich mich wie die Alte. Ich hatte die Möglichkeit, in meinem alten Bekanntenkreis einen Job anzunehmen. Wir beschlossen, zurück nach Deutschland zu ziehen. Alles schien auf dem Weg hin zur Genesung.
Und dann ein Umzug
Als sich der Umzug näherte, aber fiel ich erstmal zurück in alte Muster. Ich stresste mich extrem, machte mir um alles Sorgen und bereitete alles penibelst vor. Schleppte Kisten, war enorm viel auf den Beinen …
Und Rückenschmerzen …
Als wir umgezogen waren, fühlte mich wieder wie damals – als gerade die erste Krankschreibung kam. Der Kopf war wieder völlig in Watte gepackt, meine Wahrnehmung beschnitten, die Schläfen im Schraubstock, alles vom Nacken aufwärts wahnsinnig schmerzhaft.
Aber auch der Rücken tat weh. Nach ca. zwei Wochen streckte mich mein allererster Hexenschuss nieder. Ich nahm es gelassen – dachte, naja, kann passieren nach so einem Umzug. Klar streikt da der Rücken. Das kriegen wir wieder hin. Ich legte mich in die heiße Wanne. Machte Übungen, ging zur Massage. Behandelte auch den Nacken wie damals, indem ich Triggerpunkte massierte. Alles kein Grund zu Beunruhigung.
Ich bekam (wieder) Schmerzen im Fuß. Das war eine alte Geschichte, die eigentlich aber soweit im Griff war. Ich hatte Schwierigkeiten, länger zu gehen. Nach maximal einer Dreiviertelstunden kamen die Schmerzen – im Rücken. Oder im Fuß. Ich blieb ganz ruhig. Das wird alles wieder.
Der Hexenschuss ging. Aber die Rückenschmerzen sind seither geblieben. Und das Gehen wurde auch nicht mehr besser – nur immer schlechter.
Und dann ein neuer Zustand: Fibromyalgie?
Es dauerte eine Weile, bis ich merkte, dass die Rückenschmerzen gekommen waren, um bei mir zu bleiben. Ich kämpfte mit der alten, aber doch irgendwie neuen Erschöpfung. Sie fühlte sich anders an als zuvor – irgendwie noch erstarrter. Wieder saß ich vor meinem Essen und bekam absolut nichts in mich hinein. Wieder reagierte ich so empfindlich auf alle Geräusche. Mein Stresssystem war vollends zerschossen. Ich konnte Stresssituationen überhaupt gar nicht mehr händeln. Ich war auf eine neue Art schreckhaft.
Irgendwann stieß meine Freundin auf diese seltsame Krankheit namens Fibromyalgie und fand mich darin. Sie zeigte mir einen Artikel, aber den wies ich damals noch von mir. Ich hatte aus meiner Überzeugung weiterhin nur Verspannungen und musste dieser Herr werden.
Es dauerte noch eine ganze Weile, bis ich doch darüber las. Und natürlich fand auch ich mich dann zu 100% in dieser Erkrankung. Zu diesem Zeitpunkt war ich darüber erleichtert. Es gab ein Wort – ein Wort für diesen Zustand. Fibromyalgie. Ja, das war ich.

Wie (und wann) fing es wirklich an?
Wenn ich heute zurückblicke, sehe ich schon lange vor alldem die ersten Zeichen. Ich sehe eine Geschichte des Schmerzes. Seit ich Teenager bin, begleiten mich Schmerzen. An immer mehr Stellen ploppten sie auf in meinem Leben. Manche gingen wieder – andere blieben für immer.
Kopfschmerzen werden zu Migräne
Als Jugendliche hatte ich mit starken Kopfschmerzen zu tun. Mit ca. 25 dann kam die erste Migräneattacke. Sie kam mit Wucht: Ich war einkaufen, aber konnte plötzlich nichts mehr erkennen. Erschreckt ging ich nach hause und legte mich hin. Als ich wieder aufwachte, hatte ich unfassbare Kopfschmerzen, war zittrig und flau. Ich aß etwas, weil ich dachte, ich müsste – nur, um kurze Zeit alles auskotzen zu müssen.
Willkommen in meinem Leben, Migräne.
Ein stolperndes und zu schnelles Herz
Ebenso durchgehend ist eine Schwierigkeit, mit Stress umzugehen. Schon mit 23, 24 hatte ich mit Herzstolpern zu tun. Wie sich herausstellte, waren es keine Extra-Systolen, sondern kleine Aussetzer im Rhythmus. Und: Mein Herz schlug zu schnell, also der Ruhepuls war zu hoch. Heute für mich ein Zeichen, dass ich auch damals schon zu hochgedreht war.
Mit Mitte 20: Verspannungen und Schmerzen während der Regel
Ein paar Jahre später blickte dann zum ersten Mal ein Zahnarzt entsetzt auf meinen Kiefer. Und schickte mich los, Physiotherapie machen und etwas gegen die starken Verspannungen in Kaumuskulatur und Nacken zu tun. Der knetete und löste heftigste Schmerzen aus – und sagte, Migräne kann auch von Verspannungen sein.
Relativ plötzlich bekam ich auch starke Schmerzen während der Regel. Vorher hatte ich eigentlich kaum Probleme, jetzt knüppelten mich mit Ankunft des Blutes die heftigsten Unterleibsschmerzen nieder, kombiniert mit Schwindel, Schweißausbrüchen und Zittern. Drei, vier Stunden lang ging nichts mehr, ich lag gekrümmt auf dem Badezimmerfußboden, und schlief im Anschluss ein vor Erschöpfung.
Während dieser Zeit war ich im Sozialen Bereich tätig und hatte mehrere Jobs. Ich arbeitete mit Kindern, die im Heim lebten, Entwicklungsstörungen hatten oder psychisch erkrankt waren sowie mit erwachsenen Menschen mit Behinderung. Ich war mit Fällen sexuellen Missbrauchs konfrontiert, mit Kindern, die selbst übergriffig und gewalttätig waren. Meine Theorie ist, dass ich aus dieser Zeit eventuell eine Art sekundäre Traumatisierung mitgenommen habe, und dass insbesondere die Unterleibsschmerzen vielleicht Ausdruck waren davon. In jedem Falle litt ich sehr stark, ich hatte gleichzeitig mit mehreren sehr belastenden Fällen zu tun und wohl auch einfach zu viele Jobs.
Fußschmerzen mit 30
Ich ging auf eine Reise. Mit Rucksack. Nach zwei Monaten ungefähr begann es, im rechten Fuß manchmal zu muckern. Ein plötzliches Stechen für ein paar Sekunden, mal hier und mal da. Viele Monate später dann war der Fuß plötzlich dick und heiß und der große Zeh ließ sich nicht mehr bewegen. Eine Art Überlastungsentzündung bei beginnendem Hallux Valgus, so die Diagnose damals. Mit den entsprechenden Medikamenten klangen Hitze, Schwellung und Pochern schnell. Mein Fuß aber blieb an dieser Stelle empfindlich. Immer mal wieder blockierte die Großzehe da im Gelenk. Der Fuß wurde steif und irgendwie dick und war dabei kalt.
Dieser Fuß schränkte mich immer wieder mächtig ein. Ich humpelte auf Arbeit umher, und konnte nicht mehr wie gewohnt ausgedehnte Spaziergänge machen. Eine Ursache oder Erklärung aber ließ sich nicht finden. Die Gleichzeitigkeit von „Schwellung“ und „Kälte“ stellte die Medizin vor ein Rätsel. So war dieser Fuß wohl mein erstes Problem im Stile von Fibro: Einschränkung und Schmerz, aber keine Erklärung für das, was da los war.
Meine persönliche Theorie zu Entstehung der Fibro
Rückblickend sehe ich, dass „Schmerz“ schon früh da war. Und dass mich wahrscheinlich schon sehr lange Anspannung begleitet, die sich dann in Verspannung niederschlug in meinem Körper. Dass ich Schwierigkeiten hatte, mit Stress umzugehen und eine starke Belastung mit mir herumtrug.
Und dann kam eines zum andern … An immer mehr Stellen ploppte was auf. Vermutlich beeinflusste sich das alles gegenseitig, also vermutlich lösten die Fußprobleme, die mich über Jahre immer wieder attackenartig ereilten, dann neue Probleme anderswo aus. Nach einer besonderen heftigen Blockade, die mich nicht nur ein paar Tage, sondern mehrere Wochen zum Humpeln zwang, begann das andere Bein zum Beispiel zu meckern … Es war überlastet. Ja klar. Irgendwann tat dann auf ebendieser Seite mit dem überlasteten Humpel-Bein der untere Rücken weh und das ISG begann zu blockieren …
Ich habe wahrscheinlich Schwierigkeiten, gut auf mich aufzupassen und meine (körperlichen) Grenzen zu sehen. Zu akzeptieren. Eine Psychotherapie hat mir geholfen, das so zu sehen und hilft mir weiterhin üben, rücksichtsvoller mit mir selber zu sein.
Und ja, für mich fühlt es sich so an, als wäre ein wirklich starker Faktor das Burnout. Meinem Gefühl nach kickte mich das in diesen irgendwie völlig anderen Zustand. Ich wurde eigentlich schon durch diesen Absturz in Depression und Erschöpfung zu einem anderen Menschen. Zu einer Person, die ich selbst nicht mehr erkannte. Der Umzug war dann wie der letzte Kick. Hier kam beides zusammen: Eine enorme Stressbelastung mit einer großen Überforderung für meinen Körper. Das Stresssystem und der Körper litten da bereits mächtig; diese erneute extrem Überlastung war dann wohl zu viel. Und so blieb ich in diesem Zustand von Schmerz und Erschöpfung, blieb ich diese Person, die sich eigentlich nicht wirklich anfühlt, als wäre sie ich.
Wie sich das heute anfühlt, berichte ich dir hier: Fibromyalgie Erfahrungen einer Betroffenen.
Wie fing es bei euch an? Habt ihr Lust, davon zu erzählen?

Hier schreibt Margit als Betroffene
Auf dieser Webseite gebe ich meine persönlichen Erfahrungen mit Diagnose, Symptomen, Behandlung von Burnout und Fibromyalgie wieder. Ich erzähle von meinem Leben mit chronischen Schmerzen und Erschöpfung und von meinen Fragen, Gedanken und Nachforschungen. Ich versuche alles nachzuprüfen und mit Quellen zu belegen. Aber ich bin nur eine (wissensdurstige) Betroffene, keine Ärztin oder Therapeutin. Wende dich bei medizinischen oder psychischen Problemen immer an eine Fachperson!