Fibromyalgie ist eine Herausforderung an sich. An jedem einzelnen Tag. Alles mögliche setzt uns zu: das Wetter, Stress, Hektik … Ein besonderer Endgegner ist aber Kälte in jedweder Form. Sie verstärkt meistens die Schmerzen. Die kalte Jahreszeit macht deshalb Vielen sehr stark zu schaffen.
Warum ist das eigentlich so, wie fühlt sich das an – und gibt es vielleicht Dinge, die wir tun können, um uns Fibros gegen die Kälte zu wappnen?

Es zieht hier, es zieht dort – Mir ist es sofort unangenehm, wenn irgendwo ein kühles Lüftlein angreift. Ich bin wirklich mega kälteempfindlich geworden. Socken, die ich seit Jahren besaß, erschienen mir plötzlich zu kurz – es zog kalt an die Sprunggelenke und unteren Waden. Also musste ich neue Socken einkaufen – mit Fokus darauf, dass sie hoch genug geschnitten sind, und gleichzeitig nicht oben zu eng. Denn druckempfindlich sind die Sprunggelenke natürlich auch.

Viele Pullis, die ich ebenfalls lange getragen habe, erscheinen mir plötzlich oben zu offen? Der Ausschnitt zu weit? Auch da zieht’s permanent unangenehm. Früher hab ich alle Arten von Rollkragenpullis gehasst, aber jetzt trage ich eigentlich nur noch „Turtle-Neck-Pullis“, die weiter hochgehen am Hals. Weil so eine Lücke zwischen Pulli und Schal oder Tuch ist auf jeden Fall nicht auszuhalten. Zu eng dürfen sie aber auch wieder nicht sein, denn ich bin natürlich auch total druckempfindlich am Hals. Hach, die Fibro-Prinzessin auf der Erbse …

Leiden im Winter

Durchweht – sofort krasse Ganzkörperschmerzen

Einen besonders krassen Moment in Sachen Kälte und Schmerz hatte ich einmal in Stralsund. Stralsund ist wunderschön. Aber am Meer. Manchmal ist es sehr windig … Eines späten Abends standen wir im Rahmen eines Familientreffens noch kurz am Hafen herum … Es durchwehte mich völlig trotz dicker Jacke, und Pulli, und Mütze, und Schal … Als ob ich eigentlich gar nichts anhätte. Vollkommen hilflos ausgesetzt dieser Kälte, sie drang sofort bis auf die Knochen.
Ich spürte, wie sich mein ganzer Körper verkrampfte, und insbesondere der Rücken tat sofort heftigst weh. Er schrie quasi auf. Und der Nacken, der Kiefer … Das ging wie bei einem Sportwagen von 20 (0 ist ja nicht wirklich bei Fibro, war aber ein guter Tag eigentlich) auf 100 in wenigen Augenblicken. Ich musste meine Familie stehenlassen, und flüchten, so schnell ich nur konnte. Und lernen, okay, Margit, du musst eine solche krasse Kälte vermeiden.

Hallo Kieferbeschwerden

Eine Stelle lässt sich schwierig mit Kleidung bedecken – das Gesicht. Da sitzt allerdings auch ein Körperbereich, der mir durchgängig große Probleme bereitet – der Kiefer. Essen/Kauen sind meist so schon anstrengend für mich, ich kaufe nur noch weiches Brot, lege meine Wangen auf der Wärmflasche ab …

Und dann … Kommt die Kälte. Ich versuche, meinen Schal höher zu wickeln, irgendwie den Kragen höher zu ziehen, beim Radfahren eine Art Mundschutz zu tragen … Aber ich muss ja auch atmen. Und hab eine Brille, die ständig beschlägt …. Es wird noch unangenehmer da seitlich an meinem Gesicht, es entsteht ein Druck und ein Sägen, ein Bohren bis ins Gehirn … Das Kauen wird noch mühseliger …

Schmerzen bei Kälte an Schulter und Nacken

Der Nacken ist ebenfalls ein Dauerproblem. Immer fest, immer schmerzhaft … immer mindestens Störsignale aussendend, oft aber schreiend. Und auch hier bemühe ich mich nach Kräften, der Zugluft keine Angriffsfläche zu geben – und dennoch: Schulter- und Nackenschmerzen verstärken sich stetig im Winter.

Noch was Komisches: Bei Kälte schmerzen die Zähne?!

Ja, und dann habe ich seit einem Jahr noch was, was ich nun gar nicht verstehe, was aber echt nervt: Ich spüre ein sehr unangenehmes Kältegefühl vorn an den oberen Zähnen. Es ist dort gefühlt viel kälter als sonst an meinem Körper? Selbst in der Wohnung hab ich das manchmal. Dem restlichen Organismus geht’s gut, aber vorn am Mund ist es richtig krass kalt. Also fühlt sich kalt, fast schon verkühlt an.

Keine Ahnung, was das nun wieder ist, kennt ihr sowas auch?

Fibro-Schmerzen: Der Winter nagt an einem

Gefühlt nehmen die Schmerzen (und die Erschöpfung) über den Winter langsam schleichend zu. Und da der Winter sehr lang ist in Deutschland … Finde ich mich zunehmend ausgelaugt; spätestens im März sehnsüchtig wartend. Späte Kälteeinbrüche im April oder März, wenn es eigentlich schon wieder warm wird, und dann aber der Winter zurückkommt, ziehen mir manchmal richtig den Boden weg unter den Füßen.

Meinen heftigsten Schub hatte ich am Ende eines sehr langen Winters.

Für Fibromyalgie-Schmerzen bei Kälte braucht’s keinen Winter …

Selbst im Sommer bekomme ich als Fibromyalgie-Patientin meine starke Kälteempfindlichkeit manchmal zu spüren.

Im See baden – krasse Kieferbeschwerden

Zum Beispiel, wenn ich auf so Ideen komme wie in einem See baden zu wollen. Weil das ja auch all die Anderen machen. Ich erinnere mich eines Moments mit meiner Familie, der eigentlich ziemlich toll war, weil meine über 90-jährige Oma nach vielen Jahren der Pause noch einmal baden konnte im See. Ihr ging es anscheinend bestens. Ich aber spürte im Wasser sofort, wie alles irgendwie fest wurde und steif; wie es irgendwie eng wurde am Körper, wie ein starkes Unwohlsein überall an mir begann. Und besonders deutlich meldete sich – mal wieder der Kiefer. Der begann sein Schmerz-Sägen in voller Dröhnung.

Im Anschluss aßen wir was dort im Imbiss am See. Aber ich bekam eigentlich gar nichts rein, denn ich konnte nicht kauen, und auch den Mund nicht richtig öffnen. Essen war wahnsinnig mühsam.

Also ja, der Kiefer reagiert bei mir irgendwie sehr stark auf die Kälte.

Freibad – es nicht ins Wasser schaffen, weil die Haut irgendwie schmerzt?!

Oder ein anderes Mal. Hochsommer, Hitze. Alle Welt tobt ausgelassen im Wasser. Und ich, ich steh wieder mal da, und hab es nur bis zu den Oberschenkeln geschafft. Denn es tut wirklich weh. Die Haut brennt und schmerzt.

Und dann denke ich plötzlich, ich war schon immer sehr, sehr empfindlich. Während Andere reinrennen, reinspringen. Wie machen die das? Sind die einfach nicht so zimperlich wie ich es anscheinend bin? Und plötzlich kommt mir der Gedanke: oder vielleicht tut es denen nicht weh?

Warum tut bei Kälte alles weh?

Auf Kälte reagiere ich also sehr stark und oft unmittelbar. Über den Winter dann schleichend … Sehr Vielen von uns geht es so. Aber was ist denn eigentlich dafür der Grund? Gibt es Erklärungsansätze?

Verstärkte Schmerzen an Muskeln und Gelenken betreffen nicht nur Patient:innen mit Fibromyalgie, sondern sehr viele Menschen mit chronischen Beschwerden. Deshalb können auch allgemeine Erklärungen gelten?

„So sorgt zum einen Kälte dafür, dass sich die Muskulatur zusammenzieht, der menschliche Stoffwechsel langsamer wird und die Durchblutung geringer ist, was schmerzhafte Muskelverspannungen verursachen kann.“1

Verspannungen verstärken sich also allein schon durch den Kälteeinfluss. Das ergibt für mich Sinn, ich fühle mich eigentlich immer wie überall verspannt. Wärme löst das ein wenig – und Kälte verschlimmert’s.

Außerdem lässt uns die Kälte die Schultern hochziehen. Wir wollen die Körperoberfläche verkleinern, weniger Angriffspunkte bieten – das sorgt ebenfalls für Verspannungen bzw. verstärkt vorhandene Festigkeit in Schulter und Nacken.2

Verschiedene Grafiken: Eine Fibromyalgie-Betroffene zieht sich frierend bei Kälte zusammen, andere halten sich den schmerzenden Kiefer und Nacken.
Bei Kälte ziehen wir uns zusammen und insbesondere die Schultern hoch – das führt bei mir als Fibro-Betroffener häufig zu Nacken- und Kieferschmerzen.

Yap, wir ziehen uns zusammen. Ansonsten denke ich, spielt weniger Bewegung eine Rolle. Ich fahre gern Rad, aber im Winter geht es oft über mehrere Monate nicht. Meine Versuche, Gehen und Laufen zu kombinieren, machen sich ebenfalls schlecht auf unwegsamen Wegen. Wie viele Fibros bin ich auch betroffen von dem Gefühl, dass das mit der Koordination nicht so klappt – da verunsichert einen natürlich jede Form von Glätte; Schnee, Eis …

Und ich denke, wir machen einfach generell weniger; man bleibt eher zuhause, statt sich zum Schwimmbad, zum Yoga, zum Tai Chi aufzumachen …

Von Bedeutung könnte auch noch der Mangel an Vitamin D sein; denn dieses Vitamin ist ja sehr wichtig für die Muskelfunktion, für die Knochen, und ein Mangel kann zu Muskel- und Gelenkschmerzen, aber auch Muskelschwäche und Müdigkeit führen.3

Spezifisch für Fibro könnten Regulationsschwierigkeiten dazukommen, also dass der Körper ja insgesamt Schwierigkeiten hat, sich an die Umgebung anzupassen. tja, und was dahinter wiederum steckt weiß man ja noch nicht …
Zu guter Letzt schlägt uns der Winter natürlich auch aufs Gemüt … Weniger Sonnenlicht, weniger Draußensein, weniger Positives, weniger Leichtigkeit, Freude.

What to do – ein paar kleine Tipps und Tricks gegen die Schmerzen bei Kälte

Klamotten anpassen: nur noch hochgeschlossen und wärmend

Ich habe irgendwann meinen ganzen Klamottenschrank an die Empfindlichkeit angepasst: Keine zu kurzen Socken mehr, keine Pullover mit größerem Ausschnitt, ¾ Ärmeln .. winddichte Kleidung. Das ging nur Stück für Stück. Wichtig ist für mich, dass ich konsequent Lücken vermeide. Und ja, dass ich im Winter Kleidung trage, die wirklich auch wärmt, was heißt, dass sie nicht aus reiner Baumwolle ist. Sondern aus Wollgemischen oder eben synthetischem Thermo-Gewebe.

Eine wirklich warme Jacke

Irgendwann habe ich meine ästhetischen Vorbehalte überwunden, und mich schlicht für eine wirklich praktische und wirklich wärmende Jacke entschieden. Alles an ihr ist so angelegt, dass sei keine Wärme ranlässt: Sei geht bis zu den Knien, hat einen gepolsterten, doppelten, wirklich geschlossenen Kragen, warm gefütterte Taschen.

Es ist eine Daunenjacke, und ich habe vor einigen Jahren den für mich damals enorm hohen Betrag von 100€ ausgegeben im Winterschlussverkauf. Lebensverändernd. Unglaublich gut. Es ist, als würde man die Bettdecke mitnehmen nach draußen.
Jedes Jahr wieder hole ich sie aus der Kiste, und ziehe sie an, wenn es richtig kalt ist (ab ca. 0°), und freue mich riesig und bin erfüllt von Dankbarkeit für diese Jacke.

Wohnung anpassen – gegen Zugluft und Kälte von unten

Auch in der Wohnung/im Haus kann man oft noch viel machen! Leg Teppiche aus, um vom Boden aufsteigende Kälte zu reduzieren. Überprüfe deine Fenster und Türen auf Zugluft, und bringe eventuell neue Dichtungen an.

Warm gegenhalten: heiß duschen und baden, sich gönnen, Sauna, Therme, Infrarotkabine und Co.

Ich finde, im Winter dürfen wir aus allen Rohren schießen! Draußen ist es ungemütlich und kalt, alles zieht sich zusammen – und wir tauen es mit viel Liebe, Selbstfürsorge und Wärme wieder auf. Wenn mir richtig kalt war, und ich spüre, ich bin zusammengezogen, werfe ich mich in die Wanne. Ich dusche generell lang und heiß – und will bald endlich auch mal in die Sauna! Mit Seeblick 😉.

Die Seele wärmen, wann immer es geht

Wärme können wir uns auf vielfältige Arten zuführen, nicht nur „physikalisch. Wichtig ist auch Gemütlichkeit; Kerzen, warme Farben, eine schön eingerichtete Wohnung, eine gemütliche Ecke. Eben das, was dir guttut, was dich von innen erwärmt.
Gewürze können hilfreich sein. Ingwer, Chili, Zimt … eben die typischen Wintergewürze, sie wärmen Körper und Seele. Ich esse und trinke eigentlich nur Warmes im Winter; morgens bis abends; kein Wasser nur Tee.

Ein Eisbader reißt triumphierend die Arme hoch
Tschakka – wir schaffen es und trotzen der Kälte – trotz Fibro.

Von allem Schönen ganz viel

Körperwärme, körperliche Nähe und Kuscheln erzeugen Wohlbefinden und sorgen für Entspannung von innen. Auch Haustiere sind dafür toll – Katzen zum Beispiel kommen im Winter ja sowieso viel häufiger knuddeln 😉.

Ich denke, im Winter ist es noch wichtiger als sonst sowieso schon, dass wir gut auf uns aufpassen, dass wir versuchen, Schönes tun; Schönes lesen, schöne und herzerwärmende Filme und Serien schauen, uns gönnen, bewusst entspannen.

Hast du noch Gedanken und Tipps?

Wenn du lesen magst, wie ich sonst so mit Fibro lebe, schau gerne mal in meinen Erfahrungsbericht.

Quellenangaben

  1. https://www.oberbergkliniken.de/pressemitteilung/wie-man-gelenk-und-muskelbeschwerden-bei-kaelte-reduzieren-kann ↩︎
  2. https://www.kkh.de/presse/pressemeldungen/verspannungsschmerz-durch-kaelte-und-stress ↩︎
  3. https://www.gesundheitsinformation.de/vitamin-d-mangel.html ↩︎

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